Alex Stoffel

Abschied von Alex Stoffel (* 1.11.1940; † 5.9.2015), Bethlehemmissionar SMB.

04.11.2015

Lebenslauf

geboren 1. November 1940
Priesterweihe 21. Juni 1970
Seelsorger und Pfarrer in Simbabwe 1974 – 1989
- St. Anthony / Zaka 1974 – 1979
- St. Paul & St.Luke / Gweru 1980 – 1987
- Triangle 1988 – 1989
Informationsdienst Immensee 1989 – 1992
Equipeneinsatz in Mosambik 1993 – 2006
Pfarrer von Ausserberg VS 2007 – 2015
verstorben 5. September 2015

Nachruf von Aepe

Am 1. August übergab Alex schweren Herzens die Pfarrei Ausserberg, wo er – so drückte er sich aus – während neun Jahren wie in Afrika Missionar sein konnte. Am selben Tag gab die Gemeinde von Ausserberg ihrer Dankbarkeit und Wehmut Ausdruck. Alex wurde Ehrenbürger. Obwohl nicht auf Ehren erpicht freute er sich an dieser Anerkennung.

Acht Tage später schaffte es Alex nicht mehr in die Pfarrkirche von Visperterminen zum Gedenkgottesdienst für seinen Cousin Hermann. Die Kraft reichte noch bis zu seinem Elternhaus. Hier, wo er seine Wurzeln hatte, nahm er Abschied. Als wir am Montag darauf nach Luzern fuhren, schien er die Nähe des Todes zu spüren. Mehrmals sagte er: «Ich kehre nicht mehr ins Wallis zurück.»

Fünf Wochen nach seinem Abschied von Ausserberg ist sein Leben zu Ende gekommen. Die Kraft, die in ihm die Hoffnung auf eine Besserung wachhielt, war geschwunden. In letzten Tagen sagte er öfters: «Ich bin bereit zu gehen.» Es war ein kurzer und rascher Abschied, der weh tut.

Diese Ereignisse – Uebergabe der Pfarrei, Ernennung zum Ehrenbürger, sein letzter Besuch im Elternhaus in Visperterminen und sein Sterben – halten wie eine Klammer sein Leben zusammen. Lebensabschnitte werden erkennbar. Sie lassen sein Verständnis des missionarischen Auftrags erkennen: anderen begegnen.

  • An erster Stelle steht sein Praktikumsjahr in der Guthirt-Pfarrei in Zürich, wohin bis heute nachhaltige Kontakte bestehen.
  • 1972 ging er in einen missionarischen Einsatz nach Simbabwe. Bereits in der ersten Pfarrei spürte er wegen des Bürgerkriegs eine Wehr- und Hilflosigkeit. Mit den übrigen Missionaren entschied er sich jedoch für ein Verbleiben trotz aller lebensbedrohenden Gewalt. Mit den christlichen Gemeinden teilte er solidarisch eine Angst, die alle erfüllte. Nach dem Krieg stellte der Aufbau einer Vorstadtpfarrei einen Aufsteller dar. Als der Bischof ihn versetzen wollte, ging die Pfarrei nicht erfolglos auf die Strasse.
  • Gezeichnet von den Erfahrungen des Bürgerkrieges und inspiriert von der Arbeit mit kleinen christlichen Gemeinschaften kam er 1990 für drei Jahre in die Schweiz. In vielen Pfarreien erzählte er begeistert von seinen Glaubenserfahrungen und suchte Interesse für die missionarische Aufgabe der Kirche zu wecken. Auf diese Arbeit gehen missionarisch engagierte Gruppen zurück, die bis heute zusammenkommen.
  • Es war fast zu vermuten. Er entschied sich in der Schweiz für einen Einsatz in Mosambik. Wiederum ein Land, das 500 Jahre Kolonialherrschaft und gleichfalls einen unmenschlichen Bürgerkrieg hinter sich hatte. Der Krieg hatte unzählige Tote zurückgelassen; soziale, kulturelle und religiöse Einrichtungen lagen am Boden. Die Gemeinschaft musste neu aufgebaut werden. Pflegefachfrauen aus dem Wallis und er errichteten als Team eine Infrastruktur wie Schulen, Gesundheitscenter und Werkstätten. Entrechtete und Wehrlose machten nach der todbringenden Kriegserfahrung wieder erste Schritte, die an ein Leben in Fülle glauben liessen.
Martin Buber

«Alles wirkliche Leben ist Begegnung.»

Nach 34 Jahren Afrika entschied sich Alex im Jahr 2007 für ein missionarisches Engagement im Wallis. Er wollte in einer Gemeinde arbeiten, in der Gottes Gegenwart und menschliche Nähe erfahrbar und spürbar waren. Ihm ging es um eine Gemeinschaft, die sich dem Leben verpflichtet wusste. Pfarrei und Pfarrer sind zusammen diesen Weg zum Leben gegangen. Darum tat sich Alex schwer, die Arbeit in Ausserberg aufzugeben.

Alex war ein Mensch, der mit den Menschen und von Begegnungen mit Menschen lebte. Im Kontakt mit anderen fühlte er sich im Element. Es verwundert nicht: das Handy war sein treuester Begleiter. Auf andere zugehen und sie hören, darin sah er seinen missionarischen Auftrag.

Solidarität, Dialog, Austausch, Begegnung, gegenseitiges Lernen prägten den Alltag von Alex. Solidarität, Dialog, Austausch, Begegnung waren die Inhalte des missionarischen Auftrags, dem er sich verpflichtet fühlte. Bei einem Besuch habe ich auf einem Zettel die Bestätigung dafür gefunden. Er hatte bei einem jüdischen Philosophen eine Anleihe gemacht: «Alles wirkliche Leben ist Begegnung.» Mission ist so Begegnung mit einem Gegenüber, mit sich selbst und mit Gott. Begegnungen können erfüllend, bereichernd und herausfordernd sein, sie können neue Horizonte erschliessen und auf noch nicht begangene Wege weisen.

Ich stosse bei Alex auf drei Merkmale, die für seine missionarische Praxis in Afrika und in Ausserberg wichtig waren und über seinen Tod hinaus gelten werden:

Ich erlebte ihn als Mensch, der auf andere zuging, Brücken baute und so Distanzen verkürzte. Diesem aufeinander Zugehen folgt, ganz Ohr sein, sich in die Welt des Gegenübers einfühlen und sich vorstellen, was das Gegenüber denkt. Das Ergebnis ist ein wohlwollendes Verstehen und Einfühlen, ohne die Unterschiede zwischen Ich und Du aufzuheben. Interesse aneinander und Einfühlen führen zu Echtheit. Auch wenn wir nicht derselben Meinung sind, brauche ich mich nicht zu verstecken oder klein zu machen. Ich darf meine Meinung behalten. Ich muss mich nicht «vernütigen». «Ig bi öpper».

Die missionarische Biographie von Alex lässt erkennen: Gott hat Interesse an seiner Schöpfung und begegnet dem Menschen. Das kommt zum Ausdruck in einem Lied: «Gott liebt diese Welt und wir sind sein eigen!» Wir sind ihm nicht gleichgültig. Deshalb fühlt er sich in seine Geschöpfe ein; wir erfahren Jesus Christus als Brücke Gottes zu uns Menschen. Gelingende Begegnungen wollen zu dieser Begegnung mit Gott in unserem Leben verhelfen und letztlich Leben ermöglichen.

Eine Ureinwohnerin Australiens fasst die Botschaft des Lebens von Alex für mich in einer sympathischen und unüberbietbaren Weise zusammen:

«Bist du gekommen, um uns zu helfen und zu belehren,
dann sage ich dir: Du verschwendest deine Zeit!

Bist du aber gekommen, weil deine und unsere Befreiung voneinander abhängen, dann einverstanden, komm, wir arbeiten zusammen.»