Ein Expertenrat, bestehend aus Vertretern der Stadt, der Grundstückeigentümer und Fachpersonen, empfiehlt, das Projekt eines Zürcher Architektur- und Städtebaubüros weiterzuverfolgen.
Autor: Regula Saner/Freiburger Nachrichten
Auf dem Gebiet der Agy-Ebene rund um die geplante neue SBB-Haltestelle in Freiburg soll mittel- bis langfristig ein neues urbanes Zentrum entstehen. Nebst dem Areal der ehemaligen Poya-Kaserne und dem alten Schlachthof, wo das Schwimmbad H2LéO geplant ist, soll auch der Torry-Hügel raumplanerisch weiterentwickelt werden. Am Montag stellten der Verein Missionshaus Bethlehem, die Stadt Freiburg und das Büro Team plus die Ergebnisse einer Testplanung für das Quartier Torry-Ost vor.
Fünf Projekte – ein «Sieger»
In der Testplanung haben fünf interdisziplinäre Teams aus Architekten-, Stadtplanerinnen, Landschaftsarchitekten und Mobilitätsexpertinnen verschiedene Projekte entworfen, um die Identität des zukünftigen Quartiers Torry-Ost zu erarbeiten. Dabei wurden sie von einem Expertenrat begleitet, der aus Vertretern der Stadt, den Grundstückeigentümern «Missionshaus Bethlehem» und Burgergemeinde sowie aus Fachpersonen besteht. Der Expertenrat legte auf der Grundlage des neuen Ortsplans, der das Gebiet als gemischte Zone und als Ort von landschaftlichem Interesse ausweist, die planerischen Prinzipien fest. Schlüsselaspekte waren unter anderem: der Einbezug der Topografie des Hügels, die Schaffung eines Netzes von zentralen Plätzen, öffentliche und gemeinschaftliche Räume sowie die Erreichbarkeit. Von den fünf Projekten erachtete der Expertenrat jenes des Teams Salewski Nater Kretz aus Zürich als das überzeugendste. Dies aufgrund seiner Stärken, der städteplanerischen Prinzipien und seiner Anpassungsfähigkeit, wie Baudirektor Elias Moussa (SP) erklärte.

Das neue Quartier Torry-Ost wird oberhalb des Fussballstadions St. Leonhard entstehen. Bild: Charles Ellena
Platz für 2000 Einwohner
Das Projekt sieht im unteren Teil des Hügels eine Reihe von Gebäuden mit über 1000 Wohnungen vor, die dereinst rund 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern Platz bieten. Dazu soll das neue Quartier verschiedene Dienstleistungen und Geschäfte – sie könnten bis zu 500 Arbeitsplätze generieren – sowie Räume für Aktivitäten und öffentliche Einrichtungen beherbergen, wie etwa eine Schule und ein pädagogischer Bauernhof beim Missionshaus. Die Gebäude der Mission selbst werden teilweise erhalten und renoviert, da die Missionare auf dem Hügel bleiben werden. Das Projekt basiert auf drei
Serpentinen, die das Prinzip der Poya (Alpaufzug) aufgreifen, der natürlichen Topografie folgen und so den Aushubaufwand minimieren, wie Architekt und Stadtplaner Peter Giezendanner vom Büro Team plus, das die Testplanung organisierte, erklärte. «Die grösste Herausforderung besteht in der Steilheit des Geländes.» Die Gebäude sind so angeordnet, dass die Aussichten bewahrt und gegenseitige Einsichtnahme vermieden werden. Ein zentraler öffentlicher Raum verbindet den Fuss des Hügels mit dem oberen Teil des Quartiers. Moussa seinerseits betonte, dass 40 Prozent des 135’000 Quadratmeter grossen Standorts unbebaut bleiben – notabene der obere Teil mit der Hügelkuppe, auf der die Linde steht.

Projekt des Büros Salewski Nater Kretz
ÖV und sanfte Mobilität
Nebst der SBB-Haltestelle, die pünktlich im Jahr 2030 zum Einzug der ersten Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers in Betrieb genommen werden soll, werden neue Verbindungen für den öffentlichen und den Langsamverkehr das Quartier durchziehen. Eine Möglichkeit ist die Errichtung einer Haltestelle der Buslinie 5 im Quartier. In der Nä- he der neuen SBB-Haltestelle ist ein Parkplatz vorgesehen.
Aktuell ist bei der Direktion für Raumentwicklung, Infrastruktur, Mobilität und Umwelt noch eine Einsprache der Gemeinde Granges-Paccot gegen den Freiburger Ortsplan hängig, die sich gegen den Zugang zum Quartier für den motorisierten Individualverkehr über den Mettetlet-Weg richtet. «Das Verfahren läuft», hält Moussa fest. «Das Ergebnis ist offen.» Grundsätzlich sei es jedoch nicht die Idee, den ganzen Verkehr durchs Torry laufen zu lassen. Vielmehr soll der Parkplatz beim künftigen Bahnhof als Schleuse fungieren, sodass vor allem Anwohner und Zubringerinnen Zugang zum Quartier haben werden.

Der obere Teil des Torry-Hügels bleibt grün. Bild: Regula Saner
Sozial und nachhaltig
Gemäss dem Geschäftsführer des Missionshauses Bethlehem, Patrice Riedo, ist es dem Verein, dem 77,5 Prozent des Grundstücks gehören, ein grosses Anliegen, dass ein durchmischtes Quartier mit hoher Qualität entsteht, das nachhaltig und ressourcenschonend ist. Ziel ist es, das ganze Quartier mit Labels wie dem SNBS oder MinergieAreal zu zertifizieren. Aus diesem Grund habe sich der Verein auch für den Immobilienentwickler Losinger Marazzi als Partner entschieden, erklärte Riedo. «Sie haben in Sachen Nachhaltigkeit am meisten überzeugt.» Das Missionshaus hat mit der Losinger Marazzi AG einen Vorvertrag unterschrieben. Aufgrund verschiedener abgemachter Kriterien wird diese die Investoren suchen. Das Missionshaus wird dann den Boden zu einem der definitiven Ausnutzungsziffer entsprechenden Preis an die einzelnen Investoren verkaufen. «Es geht uns nicht darum, den maximalen Preis zu erzielen. Wir haben vielmehr vorgeschrieben, dass es günstigen Wohnraum geben muss für Familien, für Genossenschaften.» Man sei aktuell beispielsweise mit der Sozialeinrichtung Fara im Gespräch, die der Verein gerne auf dem TorryHügel ansiedeln möchte.

Bis Ende 2025 oder im Laufe des Jahres 2026 soll der detaillierte Bebauungsplan für das Torry-Land öffentlich aufgelegt werden.
Detailbebauungsplan
Auf der Grundlage des Projekts Salewski Nater Kretz wird nun ein Detailbebauungsplan entwickelt, der auch die relevanten Ideen von zwei weiteren der fünf Teams einbeziehen soll. Je nach Projektfortschritt und möglichen Rekursen soll er Ende 2025 oder im Laufe des Jahres 2026 öffentlich aufgelegt werden. Die Realisierung des neuen Quartiers soll in Etappen erfolgen. Allerdings wird gemäss Moussa die erste Etappe bereits einen grossen Teil umfassen, «sodass das Quartier von Anfang an lebt».