Ein Leben zwischen Gefahr und Glaube

Walter Kaufmann, 92, war als Missionar der SMB während des Bürgerkriegs in Simbabwe tätig. Im Interview erzählt er von Bombardierungen, Landminen und Verhören durch die Geheimpolizei – aber auch von tiefen Begegnungen, gelebter Ökumene und der Kraft des Glaubens.

Autor Norbert Spiegler – 16.03.2025

Norbert Spiegler SMB: Wie kam es dazu, dass du in die SMB eingetreten bist?
Walter Kaufmann: Als Schüler hatte ich Kontakt zu den «Weissen Vätern» und gewann Interesse an der Mission. 1950 bin ich auf die SMB gestossen.

Und wann kamst du nach Simbabwe?
Nach der Priesterweihe hatte ich noch ein Jahr Sprachstudium in England, und 1962 kam ich ins damalige Süd-Rhodesien.

Wann hast du zum ersten Mal etwas vom herannahenden Bürgerkrieg gespürt?
Bis 1964 habe ich noch nichts gespürt. Dann wurde Mugabe inhaftiert. Ein Jahr später erklärte Premier Smith die Unabhängigkeit des weissen Regimes von England. Es gab viele Proteste und Demonstrationen gegen das weisse Regime. 1972 brach der Bürgerkrieg im Norden des Landes aus. Die Regierung griff zum Terror und brachte Bombardierungen, Einschüchterungen und Folterungen für die Bevölkerung. Bei uns im Süden kam der Krieg erst 1976 an, als die Militärpolizei unser Gebiet absperrte. Die SMB musste lange reklamieren, bis ich dann drei Monate später wieder ins Gebiet gehen konnte, an Minenlöchern und verbrannten Häusern vorbei; kein Mensch war auf den Landstrassen.

Wegen meiner guten Beziehungen zu den Dorfältesten, mit denen ich immer in Kontakt stand, konnte ich meinen Dienst weiterführen. Manche Mitbrüder hatten Bedenken, haben mich aber unterstützt.

 

Walter Kaufmann im Einsatz in Chilimanzi in Simbabwe.

Warst du selbst gefährdet?
Wo ich nicht bekannt war, vor allem bei den Regierungstruppen, war es gefährlich. Auch wegen der Landminen auf den Strassen. Immer wieder wurde ich von der Geheimpolizei als Verdächtiger durchsucht, und sie versuchten mich auszufragen, weil ich im Volk aufgenommen war. Einmal wurde ich bei der Militärpolizei denunziert und musste mich einige Wochen zurückziehen, bis Einheimische mich wieder abholen konnten. Ein anderes Mal schickte mich der Bischof an einen anderen Ort, weil ich inhaftiert werden sollte. Auch nach der Unabhängigkeit musste ich mich vorsichtig bewegen – wegen der Unberechenbarkeit und der Disziplinlosigkeit der ehemaligen Guerilla und der Söldner der Regierung.

Was zählst du zu deinen schönsten Erlebnissen?
Das war die Ökumene mit den Protestanten und das gemeinsame Beten mit ihnen.

… und zu deinen schlimmen Erfahrungen?
Was ich bei Familienbesuchen von Folterungen hörte. Noch heute sehe ich in Träumen die brennenden Dächer, aber es sind keine Angstträume mehr. Was mich schmerzt, ist die politische Unterdrückung durch das jetzige politische Regime in Simbabwe.

Und was befriedet dich heute?
Es ist die Freude über das, was in dieser Zeit wachsen konnte, in den Menschen und auch in den Projekten. Es sind Erinnerungen an das gute Schulsystem, das sich als nachhaltig bewährt hatte. Es gibt viele gute Leute, sodass die Erinnerungen mich nicht schwächen.

Walter Kaufmann (hintere Reihe, Mitte) am Tag der 1. Promissio von Joël Mambe (hintere Reihe, rechts).