Von Fritz Kollbrunner SMB
1978 war ich von den Mitbrüdern in Japan zu Exerzitien eingeladen worden. Danach konnte ich noch die meisten in ihren Pfarreien besuchen. Vor der Heimreise, die mich dann nach Taiwan führte, begleitete mich Hans Schurtenberger von Tokyo aus durch die Städte Kyoto, Nara, Osaka und wieder nach Kyoto, wo wir gegen Abend einen der berühmtesten Zen-Gärten besuchten. Mönche drückten uns einen Prospekt in die Hand. Darin stand, in diesem Garten zeige sich das Absolute. Ich war freilich zu müde, als dass mich das noch hätte ansprechen können.
Als wir im Hotelzimmer zurück waren, ging Hans zuerst unter die Dusche, und ich setzte mich an den Bettrand, entdeckte auf dem Nachttisch zwei Bücher: «The Teachings of Buddha» und «The New Testament». Ich ergriff das Letztere, zumal ich während des Tages nicht zum Stundengebet gekommen war. Aufs Geratewohl schlug ich das Buch auf, und mein Blick fiel auf Johannes 10, Vers 30: «The Father and I are one» (Ich und der Vater, wir sind eins – nach der dortigen Übersetzung).
Ich wäre fast vom Bettrand gefallen. Noch nie hatte mich ein Bibelwort so getroffen wie in dieser Situation. Im Zen-Garten, wo wir eben gewesen waren, sei das Absolute sichtbar. Nun hier, in diesem nicht gerade luxuriösen und etwas dunklen Hotelzimmer, während des Rauschens der Dusche, wurde mir schriftlich mitgeteilt, wo das Absolute zu finden ist.
Der Durchgang durch die genannten Städte und vor allem die Tempelbezirke hatte mich tief beeindruckt. Vor dem riesigen Buddha in einem Tempel von Nara wäre es mir nicht schwergefallen, eine Kniebeugung zu machen. Der Griff nach dem NT im Hotelzimmer von Kyoto sagte mir für alle Zeiten, wem Anbetung gebührt.