Abschied von John Inauen (* 15.3.1924; † 7.8.2019), Bruder-Missionar SMB.
Lebenslauf
geboren | 15. März 1924 |
Eintritt in die Missionsgesellschaft | 23. September 1949 |
Missionar in Rhodesien/Simbabwe: Bau, Unterhalt St. Anthony | 1953 – 1957 |
Maurerschule Driefontein | 1958 – 1961 |
Spitalbau St. Anthony | 1962 – 1964 |
Spitalverwalter St. Anthony | 1965 – 1976 |
Spitalverwalter Silveira | 1976 – 1989 |
Bau, Verwalter Silveira Mission | 1989 – 2001 |
Ruhestand Gweru und Driefontein | 2002 – 2019 |
verstorben | 7. August 2019 |
Nachruf (von Josef Christen SMB)
Unser lieber Appenzeller starb im hohen Alter von 95 Jahren am Mittwoch, den 7. August in Driefontein, Simbabwe.
Er war aufgewachsen in Schwende AI auf, erlebte die jungen Jahre auf einem kleinen «Heimetli» und im Sommer half er mit auf der Alp. Er liebte das Bauern und so besuchte er verschiedene Kurse in der Landwirtschaft. Er trat in unsere Missionsgesellschaft ein. Von hier aus erwarb er auch den Maurer-Ausweis. und der damalige Generalrat sandte ihn nach Südrhodesien.
John war ein Allrounder und konnte überall eingesetzt werden: sei es als Leiter der Maurerschule in Driefontein oder als Bauführer des Spitals von St. Anthony in Zaka; oder als Verwalter der Spitäler. Mit dem Auf-und Ausbau der Missionsspitäler waren tüchtige Verwalter gefragt. John stellte sich für diese Aufgabe zur Verfügung. So übernahm er die Spitalverwaltung in Driefontein, in Zaka und in Silveira. Am letzten Ort hat er den blutigen Befreiungskrieg so hautnah miterlebt, dass ihn die Erinnerung daran sein Leben lang belastete.
Ab 2002 wurde er frei von dieser Aufgabe, blieb aber Silveira treu. Er übernahm den Maschinenunterhalt und half mit am Aufbau der Aussenzentren von Silveira. Bis 2004. Dann wechselte er – nach einem Schlaganfall – ins Pflegeheim Emmaushaus nach Driefontein. Hier fand er nun seine letzte Ruhe.
Jene, die mit John zu tun hatten, und das waren sehr viele – nicht zu vergessen auch die vielen Ärzte und ihre Familien von SolidarMed – erlebten in seiner Person einen umsichtigen Fachmann, zuvorkommend im Umgang mit seinen Mitbrüdern, Mitarbeitenden und Schwestern.
Zum Schluss aus dem Testament von John selbst: «Es war mir stets eine Freude, der Missionsgesellschaft Bethlehem anzugehören und in der Mission zu arbeiten. Alle unsere Tage sind ein Wandern hin zum Ziel. Und mit jedem Abend, der dämmernd verblasst, löst sich ein Blatt vom Baume unseres Lebens, bis das letzte fällt – das Allerletzte. Dann werden die Taten der Liebe gemessen und gewogen …»
«Ich bilde mir nicht ein, dass ich das Ziel schon erreicht habe. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir liegt.»
Würdigung (von Markus Bieri-Zürcher, ehem. Arzt am Silveira Hospital)
Während unseres letzten Besuches in Driefontein habe ich ein Buch von einem nicht unumstrittenen Schweizer Theologen gelesen. Es liegt wohl weder an der damals örtlichen Nähe, noch am gleichen Vornamen des Autors, sondern am Inhalt, dass ich heute eine Verbindung zu John herstelle: Christsein. Was in diesem Buch sprachlich ausformuliert ist, haben wir an John praktisch erfahren: Christsein – ein Fundament und darauf drei Säulen.
Das Fundament bei Christsein ist der Glaube an Gott, so wie ihn der historische Jesus von Nazareth verkündet hat. John pflegte diese Beziehung intensiv. Sein Arbeitstag mochte noch so lange sein, am Morgen schritt er in die Kirche von Silveira, um den Tag einzuläuten und mit den SJI-Schwestern zu beten; abends zog er sich nochmals mit einem dicken Buch, wir meinen, es war das Brevier, zurück. Und am Sonntag: Wie zeichneten sich doch seine weissen Haare inmitten der grossen Schar afrikanischer Gottesdienstbesucher ab! Konzentriert folgte er der, in der Shonasprache gehaltenen, Messe und sang mit seiner klangvollen Stimme die melodiösen Loblieder wie «Mambo tinzwireiwo tsitsi». Nur das Mitschwingen beim Tanzen blieb ihm fremd. In den letzten Jahren begegnete man ihm nicht nur als einem pflichtbewussten Mesmer und gekonnt rezitierenden Lektor in der Kapelle des Regionalhauses, sondern sehr oft als stillen Beter. John war – im besten Sinne – ein durch und durch frommer Mann.
Christsein – so steht es im erwähnten Buch – baut auf dem Fundament des Glaubens drei Säulen:
Die erste Säule ist das Dienen. Als was und wo John gedient hat, wollen wir nicht wiederholen. Von seinem langen, unglaublich reichen Arbeitsleben haben wir nur einen ganz kleinen Abschnitt miterlebt. Damals, als er schon über siebzig Jahre alt war. Wir haben uns oft gefragt, woher er seine Energie hernahm. Dienen – das war für ihn bewusstes Nutzen und grosszügiges Einsetzen seiner Talente für die Mitmenschen, vor allem für die Armen. Wir sind nie einem Menschen mit breiteren Begabungen begegnet: in der Landwirtschaft, im Handwerk, in der Technik, in körperlicher Fitness, in der Fotografie, im Rechnungswesen, in der Menschenkenntnis, in den Sprachen. Ein Freund von mir, der Philosophielehrer an einem Gymnasium ist, bemerkte einmal bewundernd den sprachlichen Ausdruck eines Dankesbriefes von John. Meine englischen Texte habe ich jeweils ihm zur Korrektur gegeben.
Einmal hat er uns gesagt: Zweierlei möchte er in Afrika nicht sein – eine Frau und ein Tier. Beiden hat er besonders respektvoll gedient. Ob man ihn deshalb posthum als frommen, grünen Feministen in Afrika bezeichnen darf?
Die zweite Säule auf dem Fundament des christlichen Glaubens ist der Verzicht. Wer einmal in dem säuberlich aufgeräumten, aber bescheiden bis kargen Zimmer von John war, den beeindruckte dieses bewusste «dem-Luxus-Entsagen». Schlicht und doch würdig kam er auf uns zu in seiner unverwüstlichen, blauen Adidas-Jacke, der secondhand Hose und – jeweils zum Sonntagsgottesdienst – dem braunen Veston. Was wäre aus John geworden, hätte er sich in seinen Jugendjahren nicht mit dem Entscheid auseinandergesetzt, entweder mit den Jesuiten oder den SMB-Missionaren nach Afrika zu gehen? Wohl kaum einer jener weltfremden, pfeifenrauchenden Appenzeller, die wirklich niemandem das Rezept ihres Käses verraten. Eher ein Vorzeigebauer, ein liebender Familienvater, ein geachteter Mann des öffentlichen Lebens. Man hätte ihm auch eine erfolgreiche Karriere im Wirtschaftsboom der Nachkriegsjahre zugetraut. Aber John blieb Bruder. Auch das Angebot in Schönegg, noch Theologie zu studieren, schlug er aus. Nicht mit Worten, sondern mit praktischen Taten wollte er Christsein verkündigen. Bei flüchtigem Hinsehen blieb er – wie von Gestalt – ein kleiner Mann, bei genauerem Betrachten aber war er ein ganz grosser.
Nach Dienen und Verzichten ist die dritte Säule des Christseins die wohl schwierigste von allen: das Verzeihen. Das hätte wahrscheinlich auch John so unterschrieben. Nur selten sprach er über die Zeit des Bürgerkrieges, als die Mission in Silveira zwischen die Fronten von Armee und Befreiungskämpfern geriet. Zusammen mit den anderen SMB-Mitgliedern und den Dominikanerinnen muss er Gräuel gesehen und Ängste ausgestanden haben. Trotzdem, wer immer damals daran beteiligt war, es waren für ihn «Chaps» (Kerle), manchmal auch furchtbare «Chaps», aber nie klang von seiner Seite eine Spur von Hass mit. Oder ein Simbabwer – es waren vor allem Männer – den man gefördert, ausgebildet und unterstützt hatte und der an Verantwortung und Versuchung gescheitert war, nannte er höchstens einen «Hosli». Und trotz der Verbreitung der Spezies «Hosli» ist John daran nicht verbittert. Als seine Kräfte nachliessen und fast gleichzeitig auch der politisch-wirtschaftliche Zerfall in Simbabwe einsetzte, zog er sich zurück und betete.
Adolf Holl hat ein Buch über Franz von Assisi geschrieben. Die Überschrift lautet: Der letzte Christ. Ein Grund, warum dieser Titel zwar gelungen provokativ, aber letztlich falsch ist, heisst: John Inauen
Würdigung (von Sr. Ferrera OP, Simbabwe)
«Wieder hat einer unserer sehr lieben SMB-Brüder diese Welt verlassen und ist in das Königreich des Himmels eingetreten! Wir erinnern uns an Br. John mit Liebe. Er war schon immer so ‹zuvorkommend›, immer ein Gentleman der Schwestern, der das Missionsauto bereitstellte, wenn es gebraucht wurde. Ich erinnere mich an Silveira Mission, er würde das Auto volltanken und sehen, dass es absolut bereit für die Reise ist. Er erklärte den Schwestern genau, was sie tun mussten und wie sie das Auto behandeln mussten. Es war einfach schön mit ihm zu arbeiten.
Und wann haben wir ihn nicht lächeln sehen? Er war immer so freundlich und fröhlich und drückte seine Freude aus, wenn er die Schwestern traf. »