Abschied von Josef Schmidlin (* 14.5.1923; † 22.9.2015), Bethlehemmissionar SMB.
Lebenslauf
geboren | 14. Mai 1923 |
Priesterweihe | 16. April 1952 |
Pfarrer verschiedener Gemeinden in Japan | 1956 – 1967 |
- Matsuo (Bergwerk), Ichinoseki und Miyako | 1956 – 1963 |
- Mitarbeit im Iwategebiet | 1963 – 1967 |
Seelsorger in Morioka-Shike | 1968 – 2001 |
Missionshaus Bethlehem, Immensee | 2001 – 2015 |
verstorben | 22. September 2015 |
Der liebe Verstorbene hat uns eine grosse Arbeit abgenommen. Er schrieb nämlich seinen eigenen Lebenslauf. Sein grosses Leben einigermassen einzufassen, ist enorm schwierig. Es ist ja so vielfältig und reich an Tätigkeiten und Inhalt. Josef war der praktisch begabte Handwerker, der sympathische und freundliche Missionar und Mensch für TV und Radio, der begabte Seelsorger und feinfühlige, intelligente Liturge und Schöpfer von vielen religiösen Schriften für Nichtchristen.
So hören wir jetzt, wie Josef sein Leben schildert:
Lebenslauf von Josef Schmidlin SMB
Geboren wurde ich am 14. Mai 1923 in Wahlen bei Laufen BL (früher BE). Der Vater hiess wie ich Josef. Die Mutter Rosa, geborene Schindelholz, war aus Vicques bei Delsberg. Der Vater sprach nur Deutsch, die Mutter nur Französisch. So kam es, dass ich in den ersten Jahren mit der Mutter französisch und mit dem Vater und den anderen Leuten deutsch sprach. Ich wuchs in einer frommen Familie als Ältester mit zwei Schwestern und drei Brüdern auf. Durch meinen Primarlehrer kam ich 1937 nach Rebstein. In der 2. Klasse wurde ich längere Zeit krank, ging nach Hause und habe Körbe geflochten. Nach einem Jahr ging ich nach Rebstein zurück, musste aber wieder dort beginnen, wo ich aufgehört hatte, als ich krank wurde.
Nach der Matura 1945 trat ich ins Seminar ein. Dort fotografierte ich mehr und arbeitete länger in der Fotobude, als erlaubt war. Diese Regelübertretung hat mir allerdings später in der Fotografie viel Erfolg eingebracht.
Die Priesterweihe war am 6. April 1952. Die Primiz am 13. April in Wahlen war ein Dorffest, wie es vorher keines gegeben hatte. Nach einem Jahr Propagandaarbeit in Immensee und einem kurzen Aufenthalt in London ging es per Schiff nach Japan.
Am 22. Januar 1954 kam ich mit Max Enderle in Japan an. Es folgten zwei Jahre Sprachstudium, bei welchem die vielen japanischen Zeichen ordentlich Kopfzerbrechen bereiteten.
Zuerst war ich ein Jahr in der Bergwerkpfarrei Matsuo, berüchtigt durch viel Schnee und starke Schneestürme. Nach einem Jahr in Ichinoseki kam ich für 5 Jahre nach Miyako am Meer. In dieser Zeit erlebte ich den Tsunami, der durch ein Erdbeben in Chile verursacht war.
Viel Freude bereitete mir der Jugendverein. Von den meist etwa 30 Jungen waren, je nach Jahr, nur 4 bis 5 katholisch und doch machten, auch bei kirchlichen Anlässen, alle mit. Einer der Gruppe, ein Arbeiter an der Wetterwarte, wurde getauft und später Priester.
Die Totentänze (Bonodori) auf dem Kirchenareal in der Zeit jeweils vom 13. bis 16. August waren so attraktiv, dass sogar die Tänzer beim nahen Shintoschrein aufgeben mussten. Das war allerdings eher Konkurrenzverhalten als friedliches Miteinander.
Die zwei letzten Tage des ersten Urlaubes 1963 konnte ich nie vergessen. Ich hatte auf den Swissair-Flug am 4. September gebucht. Das Datum passte nicht allen Brüdern und so buchte ich auf den folgenden Tag um. Die Maschine, auf die ich zuerst gebucht hatte, stürzte bei Dürrenäsch ab.
Wieder in Japan begann meine Medienarbeit mit Vorträgen, Dia- und Film-Vorführungen und, dadurch veranlasst, die Auftritte an Radio und Fernsehen. Es gab keinen Ort, wo ich nicht willkommen war: Schulen, Eltern, Dorf- und Stadtgemeinschaften, Bauernverbände, Polizeiabteilungen, Tempel, Belegschaften von Fabriken, auch während der Arbeitszeit, sogar in einem Stadtratssaal, anschliessend an die Sitzung, und andere Orte. Es war eine strube Zeit, aber mit viel Freude und Erfüllung. Die Kirche kam immer zur Sprache, aber nie so, dass es nach Propaganda aussah. Denn das wäre das Ende der Aktion gewesen.
Nach dieser Zeit kam ich in die Hauptstadt des Distrikes Iwate, nach Morioka in die Pfarrei Shike, wo ich 33 Jahre wirken konnte. Es gab kaum unangenehme Ereignisse und nie Meinungsstreitigkeiten mit den Gläubigen oder dem Kirchenrat. In diesen Jahren konnte ich 64 Mal am Fernsehen und 32 Mal am Radio antreten. Es entstanden die drei Filme:
IWATE, O-BON und GUSSKRUG.
Die liturgischen Feiern waren eine Freude, besonders was Messbesuch und Mitmachen der Gläubigen betraf.
Die Shike-Kirche wurde durch meine liturgischen Handreichungen und Publikationen überall bekannt. Vor allem das Buch mit den Segnungen wurde in ganz Japan gebraucht. Zwei Diözesen haben die Ausgabe sogar gemeinsam für alle Priester der Diözese bestellt. Und das Köstliche daran war, dass es weder eine römische noch diözesane oder eine andere Druckerlaubnis hatte und dennoch bei verschiedenen Gelegenheiten sogar von Bischöfen gebraucht wurde.
Neben der Ausgabe mit Segnungen entstanden auch eine «Totenliturgie» mit 120 Seiten, verschiedene Kleinschriften wie «Gebete für Nichtchristen» und andere. Das Schöne bei der Herstellung war die Mitarbeit der Gläubigen. Wie viele Sonntage waren es wohl, an denen sich alle Gottesdienstteilnehmenden im Pfarreisaal versammelten, um mein holpriges Japanisch in schönes und volksnahes Japanisch zu bringen, Vergessenes hinzuzufügen und für Japan Unnötiges zu streichen. Nachdem ich dann die Texte selbst getippt und mit der Offsetmaschine gedruckt hatte, versammelten sich nach der Sonntagsmesse wieder alle für die Buchbinde-Arbeiten. Diese und viele andere gemeinsame Arbeiten halfen mit, die Pfarrei zu einer erfreulichen und einheitlichen Familie zusammenzuschweissen.
Trotz der vielen Freuden fasste ich schliesslich im Januar 2000 den Entschluss, im nächsten Jahr, mit 78 in die Schweiz zurückzukehren und die Pfarrei demeinheimischen Klerus zu übergeben. Der Abschied wurde dadurch erleichtert, dass ich im Oktober 2000 wegen Herzproblemen mit der Ambulanz ins Spital eingeliefert werden musste und nachher nicht mehr voll arbeitsfähig war. Im Jahr danach, am 24. April 2001, verliess ich Japan endgültig.
In der Schweiz angekommen und schon vorher in all den Jahren in Japan suchte ich nach dem japanischen Sprichwort zu leben: «Wo ich lebe, ist es am schönsten.»
Wenn ich mit einem Wort die 47 Jahre in Japan beschreiben wollte, so hiesse dieses eine Wort «FREUDE». Dafür danke ich Gott und vielen Menschen in Japan.