«Korn, das in die Erde fällt»

Die Missionsgesellschaft Bethlehem war oft in Einsatzgebieten mit schwierigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen tätig. Ihre Mitglieder standen auf der Seite der örtlichen Bevölkerung und teilten so auch deren Schicksal. Das konnte im Extremfall bedeuten, das Leben hinzugeben.

Autor Peter Leumann – 18.09.2024

In der neu herausgegebenen, von Ernstpeter Heiniger zusammengestellten und Elisabeth Vetter redigierten Broschüre, die sich auf ein Manuskript von Josef Werlen und zahlreiche weitere Quellen stützt, werden drei Einsatzländer thematisiert, in denen sechs SMB-Mitglieder und ein Mitglied der Gemeinschaft der Laienmissionarinnen gewaltsam ihr Leben verloren. – Nach einer kurzen Analyse der Situation im jeweiligen Einsatzgebiet werden die sieben Persönlichkeiten porträtiert.

In Qiqikar bzw. der schwer zugänglichen chinesischen Provinz Heilonjiang im Norden der Mandschurei wurde 1935 der Bündner Anton Jörg im Alter von 33 Jahren von Räubern erschossen. 1947 richteten kommunistische Soldaten den 38-jährigen Anton Ebnöther aus dem St. Galler Rheintal – zusammen mit den zwei Chinesinnen Hsia und Chao und dem Koreaner Ly – nach längeren Verhören und Misshandlungen hin.

Anton Johann Jörg SMB, wurde 1935 in China ermordet.

Das Einsatzgebiet der Immenseer Missionare in Südrhodesien (seit 1980 Simbabwe) war geprägt durch den Konflikt zwischen der weissen Minderheitsregierung und den schwarzen Befreiungsorganisationen. 1969 wurde der Küssnachter Cornel Dober auf dem Weg zu einer Krankensalbung ermordet. 1976 kam der Bündner Gieri (Georges) Jörger nicht mehr von einer Pastoralreise in ein Konfliktgebiet zurück. Erst sechs Jahre später wurden seine sterblichen Überreste gefunden. Er war der erste Bethlehem-Missionar, der im Befreiungskrieg starb. Ihm folgten die Aargauer Martin Holenstein 1979 und Kilian Hüsser 1980. Nicht vergessen werden dürfen die zahlreichen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die vielen unschuldigen Menschen aus dem einfachen Volk, die ebenfalls als «Zeugen des Glaubens» gewaltsam ihr Leben verloren.

In Kolumbien sind die Bethlehem-Missionare seit 1953 tätig, bald schon auch ergänzt und verstärkt durch Laienmissionarinnen und -missionare. Sie wirkten meist in abgelegenen, vernachlässigten und von vielfältiger Gewalt geprägten Gebieten. Die Glarner Krankenschwester Hildegard Feldmann, Mitglied der Gemeinschaft der Laienmissionarinnen GLM, wurde 1990 in El Sande, einer kleinen Urwaldsiedlung im Südwesten Kolumbiens, zusammen mit zwei Einheimischen von einer Einheit der kolumbianischen Armee ermordet, als sie im Wohnhaus von Don Ramón eine Kranke pflegte.

Die Glarner Krankenschwester Hildegard Feldmann, Mitglied der Gemeinschaft der Laienmissionarinnen (GLM), wurde 1990 in El Sande, einer kleinen Urwaldsiedlung in Kolumbien, von einer Einheit der kolumbianischen Armee ermordet.

Zum Abschluss der sorgfältig illustrierten Broschüre macht sich Ernstpeter Heiniger Gedanken zu «Glaubenszeugnis – Ernstfall des Christseins». Er schreibt: «Die christliche Identität zeigt sich im Dasein für Gott und zugleich im Dasein für andere, besonders für die Armen, Unterdrückten und Verfolgten … Solidarität erfordert eine klare Parteinahme für Befreiung … Es gehört zur unaufgebbaren Aufgabe der Kirche, auf eine Humanisierung des menschlichen Zusammenlebens hinzuarbeiten und sich dafür konkret einzusetzen. Gewalt hat im menschlichen Zusammenleben keinen Platz.»

Zum Autor

Dr. Ernstpeter Heiniger, Jhg. 1943, promovierter Moraltheologe, Mitglied der Missionsgesellschaft Bethlehem SMB, koordinierte u. a. die missionarischen Einsätze in Kolumbien, unterrichtete in den Seminaren in Juliaca (Peru) und Tulcán (Ecuador) und war Dozent für Missionswissenschaft an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern (2002-2012).