Die Missionsgesellschaft Bethlehem hat seit 2019 die Diözese Qiqihar, ihr ehemaliges, erstes Missionsgebiet in China, unterstützt. Bei der Errichtung eines Altersheims hat die SMB mit 300'000 Franken mitgeholfen. Diözesanbischof Wei Jingyi berichtet über den jetzigen Stand.
zum Kommentar von Peter Baumann (Freundschaftskreis SMB)
Autor: JOSEPH Wei Jingyi, Bischof der Diözese Qiqihar (China)
Schon sind mehr als hundert Jahre verflossen seit der Ankunft der ersten Bethlehem-Missionare in Qiqihar. Auch wenn sie gezwungen wurden, die Diözese Qiqihar aus politischen Umständen (Machtübernahme Chinas 1949 durch die Kommunisten) zu verlassen, haben sie doch den Samen des Glaubens ausgesät: Sie haben meinen Vorgänger, Bischof Guo Wenzhi, ausgebildet. Von diesem Samen, wie vom Strunk Jesse, ist ein einzigartiger Sprössling herausgewachsen: die Diözese Qiqihar; die Kongregation der Elisabethen-Schwestern und die Priester. Durch Peter und Rita Baumann Chen haben wir die Beziehungen mit der Missionsgesellschaft Bethlehem stabilisieren können. Die SMB hat uns dadurch eine grosse Unterstützung gegeben.
Durch den Besuch von einer Gruppe von SMB-Missionaren und Freunden 2018 in der Diözese Qiqihar hat die SMB eine grosse Hilfe zukommen lassen, vor allem für das Altersheim für pensionierte Priester und Schwestern und ihre betagten Eltern. Heute möchten wir mit euch die Situation des Altersheims teilen.
Seit 2019 ist der Bau des Altersheims sozusagen vollendet. Damals planten wir, ab April 2020 Betagte ins Heim aufzunehmen. Aber das Coronavirus hat unvorhersehbar begonnen, sich von China auf die ganze Welt auszubreiten. Es war sehr schwierig, die Aufgaben des Altersheims auszuführen. Anstelle von Betagten hat das Coronavirus Einzug gehalten. Und die Regierung ist sofort eingeschritten und hat den Betrieb unseres Altersheims verhindert und viele Altersheime einfach geschlossen. Es begann die Zeit der Isolation derjenigen Altersheime, die noch die Erlaubnis hatten, weiter zu existieren. Die Betagten konnten weder das Altersheim verlassen noch mit ihren Angehörigen ein Heim betreten. Auch die Angestellten konnten das Heim nicht verlassen und mussten drinbleiben, ausser für das Einkaufen von Lebensmitteln.
Auch für uns war es unmöglich, irgendwelche normale Pastoralarbeit in unserem Heim auszuführen. Die Kontrolle der Altersheime war sehr streng. So konnten sie keineswegs mehr auf die Bedürfnisse der Gesellschaft eingehen. Viele Betagte waren auf sich allein gestellt und mussten zu Hause bleiben, ohne jegliche Hilfe und Betreuung. In der Folge kam es wegen Depressionen zu vielen Selbstmorden. Es gab auch Todesfälle, die lange Zeit niemand bemerkte.
Um den Bedürfnissen der Gesellschaft in dieser sehr schwierigen Situation dennoch entsprechen zu können, haben wir neue Methoden entwickelt: Wir haben uns auf Hausbesuche eingerichtet, um den Menschen dort unsere Hilfe zukommen zu lassen. Auch haben wir einige grössere Häuser in Wohnquartieren gemietet für Betagte, die besonderer Pflege bedurften. Freiwillige haben diesen Betagten spezielle Hilfe offeriert, wie etwa Einkäufe und andere Besorgungen. Es gab auch aktive Betagte, die selber angefangen haben, sich in dieser schwierigen Zeit zu engagieren. Sie wollten ihre Privathäuser nicht endgültig aufgeben, hatten aber zugleich Hilfe nötig. Sie kamen also am Morgen in unser Altersheim und kehrten dann am Abend wieder in ihre eigenen Häuser zurück. So fördert unser Altersheim eine Art zentrale Betreuung und zugleich persönliche Hilfe.
Die Eltern unserer Schwestern und Priester werden immer älter und brauchen Betreuung. So haben wir auch begonnen, für sie entsprechende zentralisierte und personengerechte Betreuung anzubieten. Für all diese Arbeiten ist Generalvikar Thomas Yen zuständig. Ihm zur Seite stehen aber auch etliche andere Priester. Das ist also die Situation unseres Altersheims.
Wir danken der Missionsgesellschaft Bethlehem, Peter und Rita Baumann Chen und auch allen, die unsere Diözese 2018 besucht haben und uns unterstützen, nochmals ganz aufrichtig. Wir beten immer für euch alle. Ich glaube, es gibt keine Kraft, die das Band zwischen der SMB und der Diözese Qiqihar trennen kann, ein Band, das getränkt ist mit dem Blut von Bethlehem-Missionaren. Diese jungen Bethlehem-Missionare, die in unserer Erde der Diözese Qiqihar ruhen, sind uns Beispiel und Kraftquelle. – Der Herr segne euch alle.
Kommentar von Peter Baumann (Freundschaftskreis SMB)
Zur jetzigen Situation der Kirchen in China
Etwas vereinfacht kann man sagen, dass sich die Situation der Christen, vor allem der Katholiken, in China in den letzten Jahren eindeutig verschlechtert hat. Xi Jinpings Devise der «Sinisierung» (der totalen Unterordnung/Unterwerfung der Christen unter die Ideologie der Kommunistischen Partei) hat sich in allen Bereichen ver-stärkt. Auch das Abkommen Vatikan–Beijing von 2018, dessen Inhalt nie veröffentlicht wurde, hat das Verhältnis «Offizielle Kirche» und «Untergrundkirche» nicht verbessert. Im Gegenteil, einige Untergrundbischöfe wurden weiter schikaniert, unter Hausarrest gestellt und daran gehindert, ihr Amt auszuführen.
Viele Priester der Untergrundkirche sind vom Vatikan sehr enttäuscht. Einige haben sogar ihr Amt aufgegeben oder sich ins Private zurückgezogen.
Wang Yang, ein sehr hohes Mitglied der Kommunistischen Partei, hat Ende August dieses Jahres an der 10. Nationalkonferenz des Katholizismus in China vor 345 Bischöfen, Geistlichen und Ordensleuten gefordert, dass sich die katholischen Führer besser an die sozialistische Gesellschaft anpassen müssen.
Wang forderte sie auf, «unerschütterlich an dem Prinzip der Unabhängigkeit vom Vatikan festzuhalten, der Infiltration durch ausländische Streitkräfte zu widerstehen und Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen entschlossen zu schützen».
Es ist offensichtlich, dass die Kommunistische Partei in allen kirchlichen Belangen das letzte Wort und die absolute Kontrolle haben will. Man darf gespannt sein, ob die Vereinbarung Vatikan–Beijing, die am 23. September ausgelaufen ist, nochmals verlängert wird. Und was geschieht, wenn sie dies nicht wird?
Erstaunlich ist auch, dass der Vatikan bis dato mit keinem einzigen Wort den UNO-Menschenrechtsbericht über Xinjiang kommentiert hat, geschweige denn China für die krassen Menschenrechtsverletzungen kritisiert hat.
Die Priester von Qiqihar bitten uns in den Kontakten mit Rita immer wieder, für die Kirche in China und insbesondere in Qiqihar zu beten.
Über den Autor
Joseph Wei Jingyi wurde 1958 in der Hebei-Provinz geboren und trat später ins nationale Seminar der katholischen Bischofskonferenz in Peking ein. Als dieses von der chinesischen Regierung sanktioniert wurde, wechselte Joseph Wei Jingyi in eine im Versteckten agierende Gemeinschaft.
Er wurde 1985 zum Priester geweiht und kam 1993 in die Diözese Qiqihar in der nordöstlichen Provinz Heilongjiang. Er wurde 1995 heimlich von Bischof Paul Guo Wenzhi von Qiqihar zum Koadjutor-Bischof geweiht und trat die Nachfolge seines Vorgängers an, der im Jahr 2000 in den Ruhestand ging.
Die chinesische Regierung erkennt Bischof Wei nicht an. Er war einer der vier Festlandsbischöfe, die vom Papst als Mitglieder der Synode über die Eucharistie 2005 benannt wurden, aber keiner von ihnen konnte an dem Treffen in Rom teilnehmen.
Bischof Wei ist gleichzeitig Administrator der Apostolischen Präfektur Jiamusi und der Apostolischen Administrationen von Harbin und Hulunbuir (Innere Mongolei), die vakante Ämter sind.